Geschichte der Gesellschaft zu Rebleuten
Die Rebleutengesellschaft war und ist nicht die einzige burgerliche Korporation von Erlach. Die 1622 begründete Gesellschaft zu Fischern stand finanziell stets etwas bescheidener da und überlebte im 19. Jahrhundert die Epoche „theilungslustiger Zunftbrüder“ nicht, während aus den Rebleuten die heutige Witwen- und Waisenstiftung hervorging (gedruckt: Th. Simmen, Geschichte der Zunftgesellschaft zu Fischern von und zu Erlach, Bern 1868; das Fischernarchiv ist vollständig verschwunden).
Beide Gesellschaften, die erst spät gelegentlich „Zünfte“ genannt werden, waren trotz einiger Merkmale keine Handwerkszünfte mittelalterlicher Art. „Fischern“ und „Rebleuten“ dürften Phantasienamen gewesen sein, wobei man weiss, dass in Erlach bis in die neueste Zeit hinein praktisch jedermann auch Reben bewirtschaftete.
Gleichzeitige Mitgliedschsaft bei beiden Gesellschaften kam durchaus vor, so bei Meister Johannes Schreiber, Tischmacher, zu Rebleuten und zu Fischern angenommen 1691, wie auch laut dem bei Simmen S.31f abgedruckten Mitgliederverzeichnis zu Fischern aus der Zeit um 1822/23 (von damals auch der erste eigentliche Burgerrodel).
Beide Gesellschaften sind ursprünglich einzig und allein Reisgesellschaften gewesen, d.h. von den Mitgliedern zusammengelegte Fonds, die an Militärpersonen oder ihre Hinterbliebenen Beisteuern ausrichteten.
Die Entstehung der Fischern 1622 fällt in die Zeit des Dreissigjährigen Krieges. Wie das 1738 gegründete Musikkollegium besitzt auch die Berggemeinde, ursprünglich
Eine Alpgenossenschaft aus dem ausgehenden 16. Jahrhundert, ein ganz hochinteressantes Archiv, über das bald einmal ebenfalls berichtet werden soll. Ferner bestand eine „Familienkiste der Kisslinge“, die nach dem Gesetz über die Teilbarkeit der Familienkisten von 1837 alsobald geteilt wurde.
Im Folgenden handelt es sich um einen ersten kurzen Versuch, die Geschichte der Gesellschaft zu Rebleuten sichtbar zu machen.Vielleicht ergeben sich daraus auch manche Anregungen für Gegenwärtiges und Künftiges, und es dürfte in diesem Zusammenhang auch der eine und andere neue mündliche Bericht frisch zutagetreten.
Um die geschichtliche Wirklichkeit unmittelbar zum Wort kommen zu lassen, geben wir in einem Anhang einige Texte aus dem Gesellschaftsarchiv wieder. Auf diese Quellen ist im Folgenden mit Text1, Text2 usw. verwiesen. Die Namenlisten beleuchten auch die Berufsstruktur des alten Städtchens. Am Schluss des Heftes steht eine kurze Zusammenstellung von Münzen und Massen.
DIE GESELLSCHAFTSORDNUNG VON 1599
Die „Ordnungen und Anfang der Stuben und Gesellschaft“ auf Neujahr 1599 „angefangen“ sind bloss durch drei Abschriften des 19. Jahrhunderts überliefert (Text 1). Sie sind der entsprechenden „Stiftungsurkunde“ der Gesellschaft zu Fischern vom Stephanstag 1622 in der Reihenfolge und weitgehend auch im Inhalt nah verwandt, doch bringen die Fischern auch Zusätzliches. Artikel 1 legt Annahmegeld und Stubenzins fest; letzterer wurde zunächst in vier jährlichen Raten erhoben, schon nach kurzer Zeit aber auf den Neujahrstag zusammengezogen (vgl. auch Text 2, Anfang).
Artikel 2 schliesst eigenen Gesellschaftswein oder eigenes Wirten aus; neben den „Wirtsfässern“ kamen die „sonstigen Schenkfässer“ in Betracht, d.h. das zum Verkauf im Keller oder über die Gasse zugelassene Eigengewächs. Von einem Hauptversammlungstag ist noch nicht die Rede. Die Zusammenkünfte fanden sicherlich auf dem Rathaus statt; bei den Fischern sprechen Artikel 3 und 1 (Simmen S. 2ff) von einer möglichen späteren „eigenen Behausung“, doch ist es in Erlach nie zu richtiggehenden Zunfthäusern gekommen.
Die Ehrerweisungen der Gesellschaft bei Begräbnissen (Artikel 4) spielen auch später eine Rolle. Die „ordentliche Seitenwehr“, wie wir sie auch auf dem besprochenen Zunftbild an den beiden Schildhaltern sehen, darf man auf die Stube mitnehmen, nach einer Abänderung überhaupt Messer in Scheiden, andere Waffen jedoch nicht. Weitere Artikel dienen der ferneren Aeufnung des Gesellschaftsvermögens.
Von der Möglichkeit eines Abendtrunks der Gesellschaft, den Bussen bei Schelthändeln – vorbehältlich der Bussen des Stadtgerichts -, der Besteuerung der Meister bei Annahme eines Lehrlings und anderem hört man später nichts mehr.
Bei den Fischern wird der Stubenweibel am Neujahrstag freigehalten. Wer dort auf das Umbieten ohne Seitenwehr und Mantel erscheint, wird um zwei Schilling gebüsst. Die Fischern lassen Aufnahmen aus der ganzen Kirchgemeinde zu.
VON DEN STUBENGESELLEN UND DEN GESELLSCHAFTSAEMTERN
Das Gesellschaftsmitglied heisst „Stubengesell“ oder „Gesellschaftsgenoss“. Die Annahme erfolgt seit dem 17. Jahrhundert ausdrücklich auf Pauli Bekehrung. Sie erfordert ein Gelübde vor dem Stubenmeister, „der Gesellschafft nuzen zu fördern und schaden zu wenden“, ferner ein Annahmegeld in bar oder in der Form eines Silberbechers von gleichem Wert sowie den Annahmewein von Fall zu Fall, 1688 vier Mass, 1696 zehn Mass usw.
Die Stadt handhabte die Erteilung des Burgerrechts ähnlich. Das Annehmungs- oder Stubenrechtsgeld betrug im 17. Jahrhundert 20 oder 10 Kronen, für Söhne von Stubengesellen 1 Krone. Söhne auswärtiger Stubengenossen bezahlten den höheren Ansatz, es sei denn, sie verlegten ihren Wohnsitz wieder in die Stadt innerhalb der Burgernziele .Wer das Annahmegeld nicht erlegen konnte, hatte es zu verzinsen.
Auswärtige Gesellschaftsgenossen waren häufig, so Jakob Küenzi, Provisor in Burgdorf, angenommen 1686, oder ein junger Scheurer, Substitut auf der Landschreiberei Lenzburg, angenommen 1766. Bei der Annahme sollte man selbst zugegen sein, Ausnahmen wurden 1695 abgestellt. Doch kam die Annahme Ortsabwesender immer wieder vor: etwa 1677 für Jakob Bönzli, Pfarrer in Albligen, auf Anhalten seines Bruders, des Stubenmeisters, oder 1763 für den Dachdecker Abraham Marolf „wegen ohnlängst gehabtem Beinbruch“ und 1773 für Rudolf Bönzli, Spitalmeisters Sohn, „so gegenwärtig in Bern in einem Laden in Condition stehet“.
Sie sollten „bei ihrer ersten Erscheinung“ geloben. 1738 wird auf Anhalten von Schulmeister Sigri sein Sohn Johannes aufgenommen, zur Zeit in Berlin in Königlich-preussischen Diensten. Anders wird 1763 beschlossen, „diese aussert Land sich befindliche junge Knaben“ nicht aufzunehmen, da sie zum Guten der Gesellschaft nichts beitragen können und nur Nutzniesser wären;
Ein Kandidat in holländischen Diensten wird abgewiesen, gleichfalls 1769 Johannes Witz, des Burgermeisters Sohn, Schlossergeselle in Bremen, 1791 Johannes Küenzi in französischen Diensten. Das Mindestalter für Ledige betrug 25 Jahre, wurde 1696 auf 30 heraufgesetzt und auf die Klage der Junggesellen des Städtchens 1707 wieder gesenkt.
Jedoch sollten die Bewerber fürderhin den Taufschein vorweisen. Wer sich „ vor dem behörigen Alter verheürathet“ hatte, war ohne weiteres annahmeberechtigt. Der geschäftsführende Stubenmeister wurde ursprünglich auf zwei, seit 1724 auf drei Jahre erwählt, ebenso der Stubenweibel.
Seit 1704 gibt es einen „eigenen und geordneten Schreiber“, als ersten Stadtschreiber Johannes Kissling. Später kommen auch Wiederwahlen immer häufiger vor. Der Stubenmeister hatte zwei Bürgen zu stellen. 1718 waren für den Bezug der Zinsen vier Ausgeschossene auf 6 Jahre eingesetzt. Eine Reform wurde auch 1766 notwendig, als eine grosse Amtsrestanz aufgelaufen war; sechs Ausgeschossene sollten sich fortan sechsmal jährlich versammeln und dem Stubenmeister an die Hand gehen.
Beim früheren Umfang an Zinsschriften usw. war das Amt keine geringe Last. Der Stubenmeister führte den Stubenrodel, der später durch das separate Rechnungsbuch (eine vom Stubenschreiber angefertigte Reinschrift der jeweiligen Jahresrechnung) und das Erkanntnisbuch entlastet wurde. Der Stubenweibel bot zu ausserordentlichen Versammlungen und Sitzungen auf und führte allfällige Versteigerungen der Gesellschaft durch. Noch im 20. Jahrhundert hatte diese Respektsperson für die Austeilungen am Paulitag eine grosse Tasche umgehängt. Insbesondere wohnte der Weibel den Begräbnissen bei, für die er die ganze Burgertschaft aufbot; er nahm den Trägern die Leiche ab und half den Totengräbern. Der Stubenweibel zu Fischern soll dabei nach mündlichen Berichten ein grosses Leidtuch mit dem Gesellschaftswappen umgeworfen haben. Die Rebleuten besitzen schon 1706 ein Leichentuch, später deren zwei.
Das Gesellschaftströgli enthielt 1680 zwölf hohe Silberbecher einen niederen silbernen Tischbecher, ein silberne „Brenten mit sibenzechen silbernen schilten“, 28 versiegelte pergamentene Gültbriefe, 9 papierene Gültbriefe und 7 Obligationen.
Laut Beschluss vom Jahre 1700 fand die Uebergabe des Trögli vom alten an den neuen Stubenmeister vor versammelter Gesellschaft statt.
1708 enthält es: Bargeld, einen hohen silbernen Becher, zwölf „nidere zum Theil vergüldete, von tribener arbeit gemachte Tischbecheren“, 50 Pergamentgültbriefe, 32 papierene Zinsverschreibungen, ein neues Leidtuch mit dem Gesellschaftswappen, ein altes Leidtuch sowie 28 niedere Gläser.
Nachdem man sich 1704 von der alten Gewohnheit noch nicht trennen konnte, das Trögli beim Stubenmeister zuhause verwahren zu lassen, wurde dieses 1710/12 in das Rathausgewölbe verbracht, zu welchem der Stubenmeister, eine zeitlang die „Schlüsselherren“ und die späteren Ausgeschlossenen einen Schlüssel hatten. Es handelt sich um das von der Ratsstube aus zugängliche Gefach im Hausteinpfeiler des Rathauses.
Im Laufe des 18. Jahrhunderts befand sich das Trögli zeitweise wieder beim Stubenmeister und diente mehr und mehr nur noch für die abgelegten Geschäfte. 1766 wurde ein neues Eichentrögli von Tischmacher Kissling verfertigt und von Schlosser Kissling beschlagen. Das noch vorhandene Rebleutentrögli trägt jedoch, wenn keine Verwechslung vorliegt, die Jahrzahl 1690. Es wurde zusammen mit den übrigen Korporationströgli um 1955 vom Rathausgewölbe ins damals neugeschaffene Burgerarchiv in einem Raum des heutigen Gemeindehauses verbracht.
PAULITAG
Vielleicht fiel die Hauptversammlung ursprünglich auf den Neujahrstag. Im Laufe des 17. Jahrhunderts erscheint der Paulitag (25. Januar) als selbstverständlicher Termin, wie bei den Fischern die Auffahrt. Der Beschluss von 1683, dass man den Paulitag „auff ein bequemlichere Zeit verenderen sölle“ und künftig den ersten Donnerstag im Mai vorsehe, wurde bereits 1700 rückgängig gemacht; wenn der Tag mit einem Jahrmarkt zusammenfiele (Erlacher Maimarkt), hätte sich die Gesellschaft „acht tag hernach oder wie solches gut gefunden wurde“ versammeln sollen, und dies führte fast jedes Jahr zu Ausnahmen. So blieb es beim Pauli.
Er geht wohl auf das Zunftbild-Datum 1621 zurück.Weltsch_Neüwburgischen Kries troublen“ hielt die Gesellschaft 1708 Sparsamkeit für notwendig und beschloss „für diss mahlen“ Verzicht auf „die gewohnte jährliche Mahlzeit“.
Jedoch sollte der Stubenzins von 10B heuer dahinfallen, dafür jeder Stubengenosse 10B aus dem Gesellschaftssäckel beziehen, „wie auch ein Mas alten Wein und überal für 30 Batzen brodt sambt einem Gesellschafft käss zu geniessen verordnet“.
Ein Jahr später wird dies zur bleibenden, der Stubenzins ins Gegenteil verwandelt, Brot für 10 Batzen die Regel. Das sollte genügen, „damit E:E: Gesellschafft sich etwelcher massen bei sothaner Zusamenkunfft ergetzen könne“, nachdem „eine zeithero bey den jährlich genossenen Mahlzeiten ein nicht geringer überfluss an Speiss und Tranck gebraucht,dieselben dahero allzu kostbahr worden“. Alter Wein, auch später stets einige Batzen teurer, war eine Ausnahme. 1712 gab es Vermuth. Käse setzte sich auf die Dauer nicht durch. Das Brot wurde im frühen 18. Jahrhundert meist selbst zum Backen gegeben, wohl in einem der beiden Stadtofenhäuser;
1710 machten 6 Mäss Kernen und der Bacherlohn 4 Kronen 11 Batzen aus. Die kräftigen Mahlzeiten drangen aber wieder ein, und aus den Rechnungen zwischen 1723 und 1734 darf man wohl schliessen, wie der Tisch auch vor 1708 jeweils ausgesehen haben mag. 1723 legte man 72U Rindfleisch in Salz ein und kaufte ferner 73U frisches oder „grünes“ Rindfleisch ein, für 52 Stubengesellen also ganz ansehnliche Portionen – 1733 sogar 98 bzw. 86U der beiden Rindfleischsorten für 51 Anwesende, somit mehr als anderthalb Kilo pro Kopf. An Wein wurde im selben Jahr 1723 ein ganzer Saum verrechnet. 1728 waren es 100 Mass auf 55 Stubengenossen. Dazu jeweils Kabis und „Köhlkraut“ (oder „Kabiskraut“, „Kabis beim Fleisch zu kochen“) und Kernen fürs Brotbacken, 1735 noch 26U Käse.
Die „Reformationsordnung“ von 1709 wurde 1737 wieder aufgegriffen, da „die Mahlzeiten nach und nach neben bezeüchung der zechen batzen widerumb eingeführt werden wollen. Solchen Missbrauch undanderen bey dergleichen mahlzeiten vorgeloffenen unanständigkeiten abzuhelffen, sowohl zum besten E:F: Gesellschafft gemeinen als auch jedess gesellschafft gnossen particular Interesse“ schreitet man zu rigorosen Beschlüssen: „alles zechen und trincken auf der gesellschafft kosten“ wird nun „gäntzlichen abgestellt“, das Pauligeld auf 15 Batzen oder ½ Taler, für Witwen auf 10 Batzen festgelegt. Das gilt überdies nur für diejenigen, die der Rechnung von Anfang bis zum Ende beiwohnen;
1740 werden die Stubengesellen, die „nur sich einen moment zeigen und dann sich ohne gnugsamme ursach darvon machen“ vom Bezug ausgeschlossen. Schon 1714 war entschieden worden, dass die am Rechnungstag um 12 Uhr mittags ohne wichtigen Grund nicht Erschienenen des Taggeldes verlustig gehen. Auf Versammlungen am Vormittag – und zwar am Sonntagmorgen – lässt übrigens auch ein Zusatz zu den Satzungen von 1599 schliessen (Text 1).
Gänzlich ohne Trunk indessen ist der Paulitag undenkbar. 1741 bereits werden die Bestimmungen wieder gelockert, zunächst mit ½ Mass Wein und Brot für ½ Batzen pro Teilnehmer. Wenig später wird im Laufe des 18. Jahrhunderts erneut das Doppelte üblich, nebst der variablen „Gesellschaftssteür“, die auch den Witwen zukommt. Damit ist praktisch die auch heute von der Witwen- und Waisenstiftung übernommene Praxis erreicht. Das Pauligeld auswärtiger Gesellschaftsgenossen wurde separat aufbewahrt, meist in einer Büchse im Gesellschaftströgli; 1774 kostet ein „Büchli die Steürenn der ausser Landts sich befindlichen Gesellschaftsgenossen einzuschreiben“ beim Buchbinder in Erlach 5 Batzen. Uneheliche Söhne von Gesellschaftern genossen nur die Witwenrechte.
Von der Natur der vorhandenen Archivalien her ist es wohl schwierig, über den Ablauf der früheren Pauliversammlungen ein deutliches Bild zu gewinnen. Ging es zunächst um die Rechnungsablage, die Wahlen alle zwei bzw. alle drei Jahre und die Neuaufnahmen „nach gehaltener umfrage“, wachte das „Examen“ der Gesellschaft streng über Ehre und Sittsamkeit (Text 11: allerlei Vorfälle). Gerichtlich Verurteilte oder des Landes Verwiesene wurden aus der Gesellschaft ausgeschlossen oder wurden auf die Witwenrechte beschränkt.
Zum Pauli sind auch kleinere Nebenauslagen zu erwähnen: fürs Heizen des Ofens in der grossen Ratsstube bezog der Hausammann, ein städtischer Beamter mit den Funktionen eines Rathausabwarts und Rathauswirts, eine regelmässige Entschädigung und nahm mit der Zeit auch in jedem Falle am Pauli selbst teil. In der Epoche der regelrechten Mahlzeiten erhielt er ausserdem den „Kocherlohn“. Jedes Jahr wurden dem Hausammann, gelegentlich auch dem Bärenwirt, die „bei diesem Anlass verlohrenen und zerbrochenen Gleser“ vergütet; sie gehörten ursprünglich der Gesellschaft selber und lagen im Trögli, später sind sie Teil des Rathausinventars der Stadt. Fürs Licht benötigte man jeweils ein bis anderthalb Pfund Kerzen.
Im Unterschied zum Ehren- und Annahmewein waren nach Massgabe des Paulitages auch andere Gelegenheiten mit einem Trunk auf Gesellschaftskosten verbunden: der allenfalls separate Rechnungstag, die Passation der Rödel, Ausschussitzungen für die Rechnungsrevision, die Trögliübergabe, ferner das jährliche Ausprobieren der Feuerspritze – auf die wir noch zurückkommen – und eventuelle Versteigerungen der Gesellschaft.
GESELLSCHAFTSVERMÖGEN
Der Grundstock des Gesellschaftsvermögens geht auf die Stubengenossen zurück, die von 1599 bis 1708 nebst dem Annahmegeld einen jährlichen Stubenzins entrichteten (Stubenrechtsgeld, Jahrgeld).Selbst die Waisen von Stubengesellen waren davon dicht ausgenommen(Textl, Art. 9; Text 3 Ende).
Die Gülten und Obligationen liefen ursprünglich von Paulitag zu Paulitag und wurden der versammelten Gesellschaft vorgelegt. Ein erstes Verzeichnis datiert vom 7. Januar 1600. Später legt der Stubenmeister die Einnahmen aus Zinsen und abgelösten Kapitalien im Laufe des Jahres selbständig wieder neu an.
Die Debitoren sassen vor allem in der Grafschaft, in Erlach selber eher wenige. In seiner Amtsperiode als Stubenmeister 1718-1721 legte Schultheiss Christian Schaufelberger 400 Kronen bei der Bank des Niklaus Malacrida in Bern zu 4% an; dieses 1701 gegründete Institut ging 1720 ein. Das Darlehenswesen für Gesellschaftsgenossen und bestimmte Zwecke lässt sich bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen.
1703 „hat Niclaus Marolff Einer Ehrenden Gesellschafft angehalten, dass sie Ihme zu Erkauffung eines Fischer Weidligs und anderer Ihme zu dem Fischen nöthige Sachen zechen Cronen fürstrecken wolte“. Nebst zwei Bürgen setzt Marolf ein halbes Mannwerk Reben „in der Capp und ein Beünden auff dem Weyer“ als „Versicherung“ ein. Der Zinsfuss wird 1768 Festgesetzt für Gesellschaftsgenossen und Burger auf 4% (nach Verfall von drei bzw. zwei Zinsen aber 5%) und für „die auf dem Land“ auf 5% wie bisher. Die im Gesellschaftsarchiv aufbewahrten Urbare, Pfennigzinsrödel und Rechnungsbücher belegen eine ansehnliche Ausdehnung der Geschäftstätigkeit.
Die Gesellschaft beteiligte sich auch an der Gründung der Ersparniskasse des Oberamtes Erlach 1823 und an der l. Juragewässerkorrektion.
Das von den Aufzunehmenden erlegte Silbergeschirr kommt im 18. Jahrhundert kaum mehr vor und ist offensichtlich als Kapitaleinlage, kaum zum Gebrauch gedacht gewesen. Ähnlich verhielt es sich bei der Stadt und bei der Gesellschaft zu Fischern. 1680 verkaufen die Rebleuten das Silbergeschirr von 184 Lot Gewicht, um dem Erlös auszuleihen. Der erwähnte Stubenmeister Schaufelberger (1718-1721) veräussert 241 1/8 Lot Silbergeschirr, offenbar zum letzten Mal. Später erwarb die Gesellschaft Zinnkannen.
Bekanntlich herrschte in der alten Zeit ein beinahe unüberblickbarer Münzwirrwarr. Zur Illustration flechten wir die Münzsortenverzeichnisse ein, die in zwei Trögliinventaren stehen.
1718 enthielt das Gesellschaftströgli an Bargeld:
37 Dublonen zu 116 Batzen 171 Kronen 17 Batzen
2 Thaleren 48 Kronen 1 Batzen
3 Neuw thaleren und fünffbätzleren 15 Kronen 10 Batzen
Weiteres 6 Kronen
In Plapart 24 Kronen
In Bageoire 12 Kronen
Weiter in paqueten müntz 12 Kronen
Noch in silber und müntz 9 Kronen,3Batzen,2Kreuzer
1754 enthielt das Trögli:
An Gold für 149 Kronen 14 Batzen
An Müntz 66 Kronen
100 feder thaler , machen 160 Kronen
2 paquets in halb neüen Thalern 48 Kronen
Ein paquet haltet an Silber 16 Kronen 2 Batzen
6 paquets, jedes à 10 Kronen 60 Kronen
an piessli 7 Kronen
noch an Müntz 7 Kronen 5 Batzen.
Wir berühren noch ein anderes kleines Kapitel. Zum Gesellschaftsvermögen gehörte auch etwas Grundeigentum, im Gegensatz zu den Fischern, deren Landkäufe zu Beginn des 19. bloss Episode blieben (Reb- und Bruelparzellen).
Die Rebleuten erwarben am 10. Juli 173l von Ulrich Wälti eine Matte im Känel um 750 Kronen, die im Namen Wältis zum Teil an Junker Albrecht von Wattenwyl bzw. Junker Anton May in Bern zu bezahlen waren. Die versammelte Gesellschaft liess Emd und Herbstweide durch den Stubenweibel sogleich versteigern und genoss den sog. Weinkauf, den üblicherweise von Käufern bestrittenen Trunk.
Im Rechnungsbuch heisst es:
„Wein 68 mas à 6 Kreuzer thut
für brodt und Käs wie auch liecht 4 Kronen 2 Batzen
gleser so verlohren worden 2 Kronen 6 Batzen.“
Der Kaufbrief wurde im Januar 1733 von Stadtschreiber Bönzli auf Pergament ausgefertig. Die vollständige Zahlung zog sich bis 1735 hin, als der Stubenmeister anlässlich der Begleichung
der letzten Rate in Bern drei Tage versäumte.
Die Nutzung der Känelmatte kam jeweils am Paulitag alle drei Jahre zur Versteigerung, wobei die Gesellschaft einen separat verrechneten Trunk genoss.
1741 gelangte „das in der E:E Gesellschafft zugehörigen Känel Matten befindliche Pfraumbaümige Holtz“ gesondert zur Versteigerung, die der Stubenweibel Jakob Hartmann um 2 Kronen 24 Batzen „ im dritt und letsten Ruff bestanden“.Der Ersteigerer hatte die Bäume vor Ostern auszugraben, bei gefrorenem Boden abzuführen und auf die angepflanzten Jungbäume achtzugeben.Die an das Tschugger Inselspitalgut angrenzende „Gesellschaftsmatte“ war mit einem verschliessbaren Gatter und steinernen Gatterstöcken versehen. Die Maurermeister Schweizer und Hartmann setzten diese 1780 neu; letzterer hatte 1769 auch 15 Marchsteine für die Känelmatte geliefert. Das dortige Brüggli musste 1794 erneuert werden.
Im Herbst 1721 erwarb die Gesellschaft Reben, die im Jahr darauf „vier Züber zwo mas weniger“ Most ergaben. Der Züber galt 3 Kronen. Nebst dem „Bauwerlohn mit einschluss des getragenen Herds“ – rund 5 Kronen – wurden die „eingelegten Gruben“, Stickel, Strohschauben fürs Heften, Leser- und Bannwartlohn separat verrechnet. 1769 werden Samuel Hämmerli und Jakob Rägis für die Rebarbeiten im Buditsch und im Weissberg entlöhnt, 1774 Johannes Klening auf 1 ½ Mannwerk in der Grussen, welche übrigens mit einem Bodenzins von 1 ½ Mäss Nüssen belastet waren. Liegenschaften, besonders Reben, wurden der Gesellschaft öfters aus Vergeldstagungen zugeschlagen. Der Most wurde verkauft oder die Reben kamen vielfach in Pacht. – Im Laufe des 18. Jahrhunderts kamen die Tschäppitmatte und kurzfristig das dem Spital zinspflichtige Albrachtmätteli hinzu. Einen Kauf der Grossen Büri lehnte die Gesellschaft 1756 ab. Bescheidener und ihren Möglichkeiten angemessener war der Erwerb eines Hauses in Treiten, das 1789 um 120 Kronen von Peter Weibel von Brüttelen an die Rebleuten überging.
VON DEN BEISTEUERN
Der Hauptzweck der Reisgeldgesellschaft ist durchaus belegt, auch wenn er in unseren Unterlagen nicht mehr im Vordergrung steht. Es handelt sich um Soldzulagen oder eine Art Verdienstausfallentschädigung. Von Ausrüstungs- oder Unterhaltspflicht, die ursprünglich zeitweise den Gemeinden überbunden war, ist bei den Zahlungen an die zu Rebleuten genössigen Militärpersonen kaum mehr etwas zu bemerken. 1706 gehen 2 Kronen 17 Batzen an die „aussgeschossenen des Nidauwer Kriegs“.Die Teilnehmer am „Schweitzerkrieg“ von 1712, dem zweiten Villmergerkrieg, erhielten pro Woche 12 Batzen, zusammen immerhin 185 Kronen 15 Batzen. Gleichviel bezogen ausnahmsweise die 1763 nach „piquet Listen“ zur Verstärkung der Tagwachten eingezogenen Gesellschaftsgenossen, zusammen 160 Kronen 10 Batzen, „wegen denen vielen Ausreissern und Strolchen“ im Zusammenhang mit dem Abschluss des Siebenjährigen Krieges: „in Betrachtung gegenwärtiger Zeitläüfften da under denen im Krieg verwicklet gewesenen Potentaten ein völliger Frieden geschlossen worden und allem anschein nach viele Soldaten abgedancket werden könten, zu Verhüetung, dass nicht viele unnütze leüthe sich in Ihr Gnaden land werffen und darinnen Unordnungen anstifften möchten.“
Die Gesellschaft beteiligte sich sonst an Wachtdiensten nicht, entrichtet aber doch 1798 für 43 Tage beimWachthaus auf dem Jolimont je 2 Batzen 2 Kreuzer. Der Chuz oder die Hochwacht, gegen die Südostecke des Jolimontplateaus hin, war Teil des altbernischen Signalfeuersystems und lag dem Chuz von St. Jodel bei Ins gegenüber. Im Rechnungsbuch II der Gesellschaft lag ein Zettel der Landschreiberei Erlach, der für die Stadt den „Kehr der Wachttagen bey dem Wachtfeüer“Mai-Juli 1792 angibt und aus dem hervorgeht, dass die Stadt einen Drittel des Wachtdienstes bestritt, die Grafschaft wohl den Rest. Die beiden Dragoner zu Rebleuten ziehen 1792 im „Feldzug ins Welsche“ mit (Besetzung der Waadt und Genfs nach der französischen Eroberung von Savoyen und Neutralitätserklärung der Eidgenossenschaft).
Grenadiere halten sich 1781 rund 14 Tage „wegen einer Rebellion“, dem Chenauxhandel, in Freiburg auf. Im Franzosenjahr 1798 sind 172 Tage, dazu für die Kanoniere 40 Tage à 2 Batzen 2 Kreuzer zu verrechnen, „laut eingegebener Liste“, ähnlich 1799 für den Elitezug. Damals werden auch 58 Haushaltungen wegen Requisitionsheu mit je 2 Kronen 16 Batzen entschädigt.
Diese Soldzulagen dehnten sich auch auf die Uebungsdienste aus.
1737 waren die „Gonstabler“ Bönzli und Hartmann in Bern, um „mit Stucken zu schiessen“, und jeder erhielt 15 Batzen. Der Bombardier Samuel Kissling bezog 1756 je 10 Batzen „für 15 versaumte Tagen“ in Bern. Schützenmeister Küentzi und Schlosser Kissling wurden im Sommer 1762 „aus oberkeitlichem Befelch als Canoniers in das zu Bern errichtete Camp beruffen“ und hatten für 25 Tage einen Betrag in der Höhe von zwei Dritteln ihres Solds zugute. Trüllneuster Hartmann ist 1786 neun Tage „in dem Camp zu Worb gewesen“. Die Landmusterungen (Inspektionen und Exerziertage) fanden in Gerolfingen (TEXT 5/6) und später in Walperswil, gelegentlich in Aarberg oder Brüttelen statt, für die beiden Dragoner in Nidau, Aarberg, Büren oder einmal in Kirchberg. Die Offiziere und Tambouren – zwischen 11und 14 Teilnehmern – hatten Anrecht auf 12 ½ Batzen aus dem Gesellschaftssäckel, die Dragoner auf 15 Batzen. Seit 1761 werden in den Rechnungen aufgeführt. 11 Offiziere und 1 Tambour (zum alten Ansatz), ebenso „3 Canoniers und 1 Post Reüter“, sodann mit je 15 Batzen die 15 Soldaten, die nur am zweiten Landmusterungstag teilnehmen. Den Zuhausegebliebenen – 1761 waren es 22 Mann – wurden 1 Mass Wein und für 1 Batzen Brot verordnet, wie am Paulitag. Dasselbe galt für die der Musterung entlassenen Gesellschaftsgenossen. „Zwey junge, so sich nur gestellt und nicht exercirt“ werden 1777 mit je 5 Batzen bedacht. Das Musterungswesen wäre noch in etwas andere Zusammenhänge zu stellen, wenn man zu unseren Unterlagen die allgemeine bernische Militärgeschichte beziehen würde.
Eine ganze Reihe jährlicher Ausrichtungen fallen unter das „Ordinari Aussgeben“ der Stubenmeisterrechnungen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts handelte es sich nur um die Schulmeister als Bezüger eines Jahresgeldes. 1744 beschliesst man jährliche Beiträge an das Musikkollegium und die Schützengesellschaft,aber fur die letzere verblieb mit ihren 10 Kronen „zu verschiessen dauernd auf der Liste (Stubenrodel II S.112f)“. 1749 kommen die Nachtwächter sowie der Wächter bei der Kloster- oder St.Johannsenbrücke hinzu.
In Notzeiten starker Teuerung wurde entweder das Pauligeld für einmal beträchtlich erhöht oder es kam zu einmaligen Ausrichtungen an Stubengenossen und Witwen, so 1710 vier Taler, 1771 eine Dublone.
Bei besonderen Gelegenheiten gingen allerlei Beisteuern an Invalide, dauernd Bettlägrige, Arbeitsunfähige, Badekurbedürftige und in anderen Härtefällen, etwa im April 1774 an den Schiffmann Abraham Küenzi und an Abraham Simmen „wegen ihrem bey der Oberen Zihlbrugg verunglückten und versunkenen Schiff“ oder 1788 an den Küher Christian Haldi von Saanen „wegen von dem Presten gehabten grossen Viehverlust“. Elisabeth Küenzi, des Jakob Küenzi Sattlers sel. Wittwe, erhielt 1764 eine Steuer von einer neuen Dublone an ihre Arztkosten; sie war „den verwichenen Sommer mit einer Melancoley und seelengefährlichen Kranckheiten behafftet gewesen“ und wurde von ihren Verwandten zum Chirurgen Bieri in Kerzers geschickt, wo sie fünf Wochen blieb. Im selben Jahr erschien der Hufschmied Johannes Hartmann junior vor der Gesellschaft, „welcher gebührend vorbracht, wie er jederzeit gesinnet gewesen, etwas Nützliches zum Dienste seiner Mitburgeren und Nebendtmenschen zu erlehrnen und wie er keinen nohtwendigeren Menschen in hiesigen Gegenden glaube als einen, der die Viehartzneykunst auss dem Grund versehte, so seye er gesinnet, diese kunst zu erlehrnen und wäre vorhabens, sich in die desthalben zu Lyon aufgerichte Schule zu gegeben. Da aber diese Erlehrung zimlich kostbahr, seine Elteren so ihme würcklich das Schmidt Handwerk zu erlehrnen kösten gehabt, nicht im standt sich befinden, diese kösten zu ertragen“, habe er sich an die Obrigkeit gewandt, die ein Stipendium bewilligen, aber zunächst die Höhe eines Beitrages aus der Stadt selbst kennen will. Hartmann erhält jährlich zwei neue Dublonen auf drei Jahre hin.
Auch die Wiederherstellung eingefallener Stütz-, Schneid- und Brandmauern ärmerer Gesellschaftsgenossen wurden gelegentlich unterstützt. „Zu einer freywilligen beysteür an der sehr anständigen Kirchen Orglen“ sprach die Gesellschaft 1779 ganze 250 Kronen, die Fischern hundertfünfzig. Es handelt sich um die ganz ausgezeichnete, Erlach leider verlorene Rokokoorgel, die sich heute in der Kirche von Oberdorf (SO) befindet und dort sehr schön hineinpasst. 1807 stiften die Rebleuten zwei neue Stubenöfen in den Spital, das heutige Gemeindehaus, durch Hafnermeister Isaak Scheurer, zugleich Stubenmeister. Der noch erhaltene manganviolett bemalte Wandofen zweier Stuben (heute zwischen Gemeindeschreiberei und Sitzungszimmer) jedoch ist vermutlich ein hübsches Werk des jüngeren Johannes Scheurer(Bezeichnungen „HS“ und „1810“). Der farbige, mit 1800 datierte Wandofen im jetzigen Sitzungszimmer des Gemeindehauses stammt aus dem für den Postneubau abgebrochenen Haus und könnte sehr wohl auf Isaak Scheurer zurückgehen, der in seiner Gesellenzeit auswärts sicher noch die alte Manier bunt statt einfarbig bemalter Ofenkacheln kennengelernt hat. Isaak Scheurer wurde 1781 zu Rebleuten angenommen.
FEUERWEHRWESEN
Der ursprüngliche Gesellschaftszweck fand im aufkommenden mechanischen Löschwesen eine weitere gemeinnützige Aufgabe. Die Gesellschaft zu Rebleuten ergriff 1732 die Initiative zur Anschaffung einer Feuerspritze, offensichtlich der ersten in Erlach. Es handelte sich um eine Konstruktion von Johann Balthasar Wassmer aus Aarau, welcher sich der Gesellschaft zunächst selber anerboten hatte (TEXT 9). Die Spritze blieb ihr Eigentum, bis 1824 die erste Gemeindefeuerspritze erworben wurde. Jedes Jahr wurde – meist zwischen Juli und September – sowie nach jedem Einsatz die Spritze „probiert“ oder „visitiert“, und die vierzehn „darzu geordneten“ genehmigten einen Trunk wie am Paulitag. Sattler und Schmied pflegten Spritze und Schläuche ebenfalls auf Gesellschaftskosten, wobei Schmär, Unschlitt, Baumöl, Fisch- und Rossschmalz zur Anwendung kamen. Die Spritze wurde von zwei Pferden gezogen. Auswärtige Einsätze waren nicht selten (Le Landeron 1735 und 1791, Gampelen 1737 und 1771, Müntschemier 1766, Vinelz 1767, Brüttelen 1770, Lüscherz 1772 und 1791, Twann 1780, Ins 1788 und 1798, Marin 1788, Neuensatdt 1789 und 1793, Tschugg 1791, Sugiez 1794, Cressier 1795, Gals 1806 usw.) Nach Neuenstadt und Landeren verfrachtete man die Spritze auf ein Schiff. Im Dezember 1788 ereignete sich im Schloss ein Kaminbrand. Als am 6. April 1760 in Wileroltigen ein Brand ausbrach „und man glaubte, es wäre nur in der nähe“, kehrte die Equipe vorzeitig zurück, erhielt aber einen Trunk, desgleichen 1748, „als man vermeint, es sye zu Gampelen ein feürsbrunst“ und man die Spritze vergeblich dorthin geführt hatte. Am Tage nach dem Brand in Lüscherz im Februar 1791 hat der Stubenmeister „ein Kessi voll kochend Wasser gemacht, das Eis auss den Schläüchen und auss dem Kasten zu machen – denen so darmit bemüht gewesen 6 Maas Wein geben.“
Auch der Einsatz in Neuenstadt Ende Januar 1789 ist wohl nicht schnell vergessen worden. Nebst dem Sold schrieb der Stubenmeister auf: „weilen es aber die ganze Nacht kalt und nass gewesen, so habe am Morgen für Suppen, Brod und Wein zahlt 15 Batzen. Indem man aber erst morndrigen Tags um 3 Uhr Nachmittags heim gekommen, so habe jedem annoch 1 Mass Wein und für 1 Batzen Brodt geben lassen, thut zusammen 2 Kronen 20 Batzen“.
1761 bereits stand die Anschaffung einer neuen Feuerspritze zur Debatte, doch sah man davon ab, als Meister Hartmann, Zeugschmied in Bern, für die alte und an und für sich reparierbare Spritze ein zu geringes Angebot machte. „Da die alte Feürspritzen abermahlen zerbrochen“, war eine neue drei Jahre später doch nicht mehr zu umgehen; sie wurde von Hern. Witz in Biel und Johannes Küenzi, Zeugschmied und Schützenmeister in Erlach, erstellt (TEXT 10).
1761/62 errichtete die Gesellschaft ein „eigenes Feuerspritzengehalt“, nachdem die Spritze bis anhin offenbar im Erdgeschoss des Rathauses eingestellt war, wie übrigens auch gegenwärtig noch. Die Gesellschaft kam auch für den Unterhalt des neuen Schermens auf. Er dürfte sich auf der Westseite des heutigen Schulhausplatzes befunden haben.
1776 liess man von Rudolf Amsler, Schlauchmacher in Bern, 125 Schuh neue Schläuche kommen, die der Lüscherzbote nach Erlach brachte; die alten gab man einem Küfer ab. Der Feuerspritzenwagen wurde 1790 ersetzt.
An Brandgeschädigte schüttete die Gesellschaft im Laufe der Zeit beträchtliche Spenden aus, wie auch die Fischern. Dies geschah zusatzlich zu allfälligen Spritzeneinsätzen (Burgdorf 1706, Lüscherz 1721 und 1772, Tschugg 1732, Pieterlen 1732, Müntschemier 1738, Wingreis 1741, Muntelier 1741, Ins 1743, 1765, 1788 und 1798, Bullet und Ste-Croix 1744, Siselen 1746, Gals 1746, Bühl 1749, Praz (Vully) 1758, Treiten 1759 und 1765, Fräschels 1760 und 1794, Le Landeron 1761, Sugiez 1769, Brüttelen 1770, Mett 1770, Gampelen 1771, Mülchi 1773, Orpund 1778, Fahrwangen und Dürrenäsch Amts Lenzburg 1782, Bargen 1782, Arch 1785, Kallnach 1794, Gals 1806 usw.).
Teils ging es um Beteiligungen an Haussammlungen, teils um direkte Beisteuern der Gesellschaft. Auch auswärtige Gesellschaftsgenossen in ähnlicher Notlage wurden nicht vergessen; so erhielt Johann Roseng, Tischmacher in Lausanne, 1788 eine Brandsteuer von 8 Kronen.
Die ersten Pump-Feuerspritzen machten die von Hand zu Hand gereichten Feuereimer bei weitem noch nicht überflüssig. Die Stadt verlangte von jedem neu angenommenen Burger den Besitz eines solchen. Die Gesellschaft besass ihrerseits etliche Eimer, 1721 zwölf neue, die Abraham Küntzi um 1 Krone 20 Batzen „mit Ihrem der gesellschafft Wapen zu zeichnen“ hatte, ähnlich der Sattler in Neuenstadt 1763. Ausbesserung und Neuverpichen war Sattlerarbeit. 1764 erhielt Sattler Simmen fünfzehn Batzen „für die an fünff Feüer Eymer von den Mäüsen gefressene Handriemen, so derselbe mit Rinderzähnen erneüeret“.
Am Paulitag 1781 wurde beschlossen, „dass jeglicher angenommener Gesellschafftgenooss mit einem währschafften feür Eymer versehen seye“ und ihn alle Mitglieder „mit ihrem Namen gezeichnet“ am kommenden Pauli auf dem Rathaus vorweisen sollten. Wer dies nicht tat, musste damit rechnen, dass ihm der Stubenmeister mit Kostenfolge einen Eimer anschaffte. Bei der Gesellschaft zu Fischern war seit 1782 bei der Annahme ein Feuereimer vorzuweisen. Ein sehr schöner, mit dem Namen gezeichneter Feuereimer aus der Familie Zülli war an der kleinen Ausstellung zur Siebenhundertjahrfeier 1967 zu sehen. Noch in der Zwischenkriegszeit sollen sich auf dem Estrich des Feuerwehrmagazins Berge von solchen Ledereimern befunden haben, die eines Tages „zum See“ geführt wurden.
ETWAS STATISTIK – ZUR WITWEN – UND WAISENSTIFTUNG
Das Gesellschaftsarchiv wäre selbstverständlich eine überaus wichtige Quelle zur Familiengeschichte. Wir heben nur einige Punkte hervor. In den älteren Stubenrödeln werden den Aufnahmen oft auch die Todesdaten beigefügt, wahrscheinlich um ähnlich wie heute allfällig den letzten Stubengesellen einer bestimmten Familienlinie feststellen zu können. Dabei werden ausserordentliche Sterbefälle erwähnt, wie beim 1696 angenommenen Samuel Bertschi: „ist zu brüttelen ab dem dach auf dem wirtshauss zu Todt gefallen“. Einige Angaben zu fremden Solddiensten wurden bereits erwähnt.
Ferner ein paar Fälle von Auswanderungen: der 1692 angenommene Daniel Küntzi der Junge ist 1708 samt Weib und Kind „nach Berlin in Brandenburg abgereist“. Der 1725 angenommene Johann Bärtschi, Schumacher „ist in Holland gestorben“ und könnte natürlich auch Söldner gewesen sein;
Gleichfalls die1742 angenommenen Abraham Hartmann, Stadtschreiber, und Jakob Hartmann.
Der Brauch, im Ratssaal die Wappentäfelchen der Aufgenommenen in Rahmen zu zeigen, ist archivalisch offenbar nirgends erläutert, dürfte aber recht weit zurückgehen.
Die ältesten erhaltenen Wappentäfelchen, die nach ihrem Ausdienen richtigerweise im Gesellschaftsarchiv verwahrt werden, stammen von Jakob Scheurer 1783, und Hansjakob Bönzli 1794.
Solche Wappenreihen entsprechen einer alten Uebung. Auf anderer Ebene ist sie in Erlach auch durch die Wappen der früheren Landvögte vertreten (Amthaus). Für die einzelnen Familien sei besonders auch auf die Namenlisten (TEXT 2-8) hingewiesen.
1618 finden wir 29 Namen, bis 1633 siebzehn weitere Stubengesellen.
1706 sind es deren 57, dazu 13 Fälle von Waisen, die das damalige Stubenrecht zu erhalten gedenken
1710 bis 1723 zählt man zwischen 46 und 52 Zunftbrüdern.
Das Verhältnis Stubengenossen/Witwen in einigen Stichjahren:
1737: 52/23 1751: 59/13 1754: 54/13 1757: 50/18
1769: 57/17 1784: 44/19
Einwohner der Stadt im Jahre 1764: 427
1842: 107 inkl. einige Verstorbene und Vergeldstagte/15 Witwen
Wann der Kreis geschlossen wurde und die Annahme neu eingeburgerter Familien ausser Gebrauch kam, ist nicht genau ersichtlich. Um 1840 meinte man, dies sei in der Mitte des 18. Jahrhunderts der Fall gewesen. Die Erblichkeit der Annahmeberechtigung ist von Anfang an selbstverständlicher Grundsatz (TEXT 1, Art. 9; reduziertes Annahmegeld für Söhne).
Das bernische Gesetz über die Teilbarkeit der Familienkisten von 1837 wurde in Erlach dahin missverstanden, die Gesellschaftsanteile könnten ohne weiteres herausgefordert werden. Dabei war der Korporationscharakter beider Gesellschaften unbestreitbar.
Im Laufe der unerquicklichen „gerichtlichen und aussergerichtlichen Verhandlungen“, die gut zwei Jahrzehnte dauerten, ging die Fischerngesellschaft spurlos zugrunde. Nebst wirtschaftlicher Not, beginnender Industrialisierung, Umstrukturierung der Verkehrswege, politischen Umwälzungen sollte man die dunklen Tage der beiden Gesellschaften im Rahmen jener inneren Krise sehen, die damals über die Landstädte hereinbrach und deren Verheilen bis ins 20. Jahrhundert hinein gedauert hat.
Simmen drückt sich in der Fischernschrift so aus:
„So wie überhaupt mit der Einführung der neuen Ordnung der Dinge (1798/1803/1815/1831) bei allem Guten das Ansehen der Stadtgemeinden schwand und der Geist einer sogenannten Gleichheit, der Zeitgeist oder vielleicht, nach Mephistopheles, der „Herren eigener Geist“ das ganze Land politisch nivellierte, Städte und Dörfer egalisierte, althergebrachte Rechte, wie z.B. unser Ohmgeld (in Erlach städtische Steuer auf eingekellertem Wein), den Seezoll u.s.w., die man fälschlich Ortsvorrechte nannte, ohne Entschädigung aufhob, vergessend, wie viel für das allgemeine Wohl einzig und allein nur unsere Fischerngesellschaft beigetragen hat, abgesehen von dem , was ihre noch reichere Schwesterkorporation, unsere andern Fonds, wie z.B. die Berggemeinde, das Musikkollegium u.s.w. getan haben, - wo die Bezeichnung Burger ein Spottnamen ward, - so verflachte sich auch der wahre Bürgersinn, namentlich in Hinsicht auf unsere alten Einrichtungen und gesellschaftlichen Korporationen, um so mehr als weder die Regierung noch die Gesetzgebung sich derselben annehmen mochten. Daher lässt es sich denn auch begreifen, dass Apathie, zuletzt Lethargie sich der gedachten Korporationen (in den Stürmen der Zeit vereinzelt, macht- und schutzlos stehend, vielleicht von oben herab gar noch verkannt, von andern Seiten her möglicherweise beneidet) bemächtigen mussten.“ Soweit Simmen.
Fünfzehn Mitglieder zu Rebleuten strengten 1841 einen Prozess an, ihre Anteile ausbezahlt zu bekommen. Die Korporation sei eine blosse Familienverbindung. Den Gegnern lagen die Satzungen von 1599 vor (TEXT1), aber sonst keine Reglemente. 1842 wurden Mitglieder und Witwen je 500 alte Franken ausgeteilt (TEXT 8). Das Restvermögen sollte mit Ausnahme der Paulikosten unangetastet bleiben, um den anzunehmenden Söhnen der lebenden Gesellschaftsgenossen ebensoviel auszuzahlen. In der Folge – das Leben der Gesellschaft hing an einem Faden – sind die Archivalien offensichtlich unvollständig. Seit 1853 bestanden drei Rebleutenkorporationen, die Gesellschaft zu Rebleuten, deren Witwen- und Waisenstiftung und der Separatfundus.
Sie wurden 1868 zusammengelegt und als Stiftung weitergeführt. Die nunmehrige „Witwen- und Waisenstiftung der Gesellschaft zu Rebleuten“ gab sich 1876 Reglement und Statuten, die 1877 bei Langlois in Burgdorf gedruckt und nie ersetzt wurden. Ein Reglementsentwurf von 1908 blieb ohne Folgen.
In der Witwen- und Waisenstiftung nahm auch die vorher zu Fischern zünftige, 1590 in Erlach eingeburgerte Familie Zülli Einsitz und versah hier immer wieder Aemter für längere Zeit.
Über die Vorfälle des 19. Jahrhunderts liesse sich ein längeres Kapital anfügen. Seit den bewegten Worten von Simmen, die wir oben angeführt haben, sind in allen Bereichen Veränderungen eingetreten und Sorgen aufgetaucht, von deren Ausmass sich der bejahrte Fürsprecher im damaligen Städtchen sicher nichts hätte träumen lassen. Altes und Neues hängen aber immer zusammen.